Die Antwort auf Ihre Frage lautet klar: Das ist eine Falschaussage. Es geht nicht, dass wir Gott segnen. Der Grundsatz dazu findet sich in Hebräer 7,7. Dort geht es darum, dass Melchisedek Abraham gesegnet hatte. In dieser Stelle wird der Beweis geliefert, dass Melchisedek in seiner heilsgeschichtlichen Stellung einen höheren Rang einnahm als Abraham. Das wird daran deutlich, dass Melchisedek den Abraham gesegnet hat.
«Ohne allen Widerspruch aber wird das Geringere von dem Besseren gesegnet.» (Hebräer 7,7)
Darum kann ein Mensch nicht Gott segnen. Ein eindrückliches Beispiel finden wir in Lukas 2: Maria und Josef gingen mit dem Kind Jesus in den Tempel, wo sie auf den alten Simeon trafen, der den Messias als kleines Kind in seine Arme nahm. Lukas berichtet, dass er die Eltern segnete, aber nicht das Kind. Lukas sagt, dass die Eltern das Kind „hineinbrachten“. Das bedeutet nichts anderes, als dass sie in das «Tor der Erstgeborenen» auf der Südseite des innersten Vorhofes hineingegangen waren. Dort wurden die erstgeborenen Kinder dargebracht.
Ein Priester musste jeweils das Ritual durchführen (siehe 2. Mose 13,11-13; 2. Mose 34,20). Die Eltern hatten einen gewissen Betrag an Silber zu bezahlen, wie es im Gesetz vorgeschrieben war (3. Mose 27,1-8). Bei diesem Ritual, das man im Judentum „pidjon ha-ben“ („Freikauf des Sohnes“) nennt, ist es üblich, dass der Mann aus dem priesterlichen Geschlecht das Kind segnet. Lukas aber berichtet, dass Simeon nicht das Kind, sondern lediglich die Eltern segnete. Ihm war klar, dass dieses Kind der Messias war, und darum durfte er ihn nicht segnen, wohl aber die Eltern. Das ist übrigens ein interessanter Punkt im Gespräch mit Katholiken: Simeon war in seiner heilsgeschichtlichen Stellung deutlich höher als Maria eingestuft.
Woher kommt überhaupt das Problem, das zur oben angeführten Frage führte? Das griechische Wort „eulogeo“ wird sowohl in der Bedeutung von „segnen“ als auch von „preisen“ verwendet. Wörtlich übersetzt bedeutet es: „Gutes“ (griech. „eu“) „sagen“ (griech. „logeo“). „Gutes sagen“ kann in Bezug auf Menschen bedeuten, sie zu segnen, aber in Bezug auf Gott kann es nur bedeuten, ihn zu preisen.
Dasselbe gilt für das hebräische Wort „berekh“. In Psalm 145,10 zum Beispiel heißt es im zweiten Teil des Verses:
«… und deine Frommen dich preisen.»
Das hebräische Wort „berekh“ wird hier in Bezug auf Gott gebraucht. Darum muss man an dieser Stelle korrekt mit „preisen“ und nicht mit „segnen“ übersetzen. Damit ist eigentlich schon alles geklärt.
Im Englischen ist es etwas schwieriger. Dort gebraucht man das Wort „to bless“ sowohl für „segnen“ als auch für „preisen“. „To bless God“ bedeutet im Englischen nicht, Gott zu segnen, sondern Gott zu preisen. So heißt es in Epheser 1,3:
«Gepriesen sei der Gott und Vater …».
Da steht im Griechischen „eulogetos“, was je nach Zusammenhang „gesegnet“ oder „gepriesen“ bedeuten kann. Hier kann es nur mit „gepriesen“ übersetzt werden. Denn alles, was folgt, ist nicht ein Segen auf Gott, sondern eine Danksagung und ein Lobpreis für das, was Gott für uns vollbracht hat.