Diese Behauptung ist vollkommen falsch. Wer meint, unter den Menschen, die wir als „Juden“ bezeichnen, seien nur die Stämme Juda und Benjamin vertreten, irrt sich gewaltig. Die Könige Saul, David und Salomo regierten über alle 12 Stämme. Nach dem Tod von Salomo gab es eine Spaltung in das Nordreich, auch „Israel“ genannt, das Gebiet der 10 Stämme, und in das Südreich, dessen Gebiet die beiden Stämme Juda und Benjamin umfasste.
Das Südreich wurde insgesamt als „Juda“ bezeichnet; aber 1. Chronika 11 und 12 zeigen, dass – schon damals – viele aus den 10 Stämmen zu David übergelaufen sind und sich dem Süden angeschlossen haben. Nach der Reichsteilung belegt 2. Chronika 11, dass sich aus allen Stämmen des Nordreiches treue Israeliten dem Südreich anschlossen, angeführt von dem Stamm Levi:
“13 Und die Priester und die Leviten, die in ganz Israel waren, stellten sich aus allen ihren Gebieten bei ihm ein. 14 Denn die Leviten verließen ihre Bezirke und ihr Besitztum und zogen nach Juda und nach Jerusalem; denn Jerobeam und seine Söhne hatten sie aus dem Priesterdienst des HERRN verstoßen, 15 und er hatte sich Priester bestellt zu den Höhen und zu den Böcken und zu den Kälbern, die er gemacht hatte. 16 Und ihnen folgten aus allen Stämmen Israels die, die ihr Herz darauf richteten, den HERRN, den Gott Israels, zu suchen; sie kamen nach Jerusalem, um dem HERRN, dem Gott ihrer Väter, zu opfern. 17 Und sie stärkten das Königreich Juda und befestigten Rehabeam, den Sohn Salomos, drei Jahre lang; denn drei Jahre lang wandelten sie auf dem Weg Davids und Salomos.“ (2. Chronika 11:13-17)
Schon vorher wird im Bibeltext berichtet, dass viele aus den 10 Stämmen im Süden lebten:
„Da erging das Wort des HERRN an Schemaja, den Mann Gottes, indem er sprach: Sage zu Rehabeam, dem Sohn Salomos, dem König von Juda, und zu ganz Israel in Juda und Benjamin, und sprich: So spricht der HERR: Ihr sollt nicht hinaufziehen und nicht mit euren Brüdern kämpfen.“ (2. Chronika 11,2-4)
Es gab also im Südreich, dem Gebiet von Juda und Benjamin, „ganz Israel“, d.h. Leute aus allen 10 Stämmen des Nordreichs. Es gab zahlreiche Überläufer vom Stamm Levi aus dem Norden, die sich den im Süden lebenden Leviten anschlossen. Und viele „aus allen Stämmen Israels“ folgten ihnen, und zwar solche, „die ihr Herz darauf richteten, den HERRN, den Gott Israels zu suchen“.
Später geschah das erneut unter König Asa, wie hier berichtet wird:
“Und er versammelte ganz Juda und Benjamin und die Fremden, die aus Ephraim und Manasse und aus Simeon bei ihnen lebten; denn in Menge liefen sie aus Israel zu ihm über, als sie sahen, dass der HERR, sein Gott, mit ihm war. Und sie versammelten sich in Jerusalem.“ (2. Chronika 15,9-10)
Dann gab es unter König Hiskia wieder Überläufer:
„Doch einige Männer von Aser und Manasse und von Sebulon demütigten sich und kamen nach Jerusalem.“ (2. Chronika 30,11)
Als Folge davon waren alle 12 Stämme im Südreich vertreten, auch wenn man es nominell weiterhin nach dem führenden messianischen Königsstamm „Juda“ nannte.
Das Südreich wurde ab 606 v.Chr. in mehreren Phasen nach Babylon deportiert. Als dann ein Überrest zurückkehrte, setzte sich dieser entsprechend aus Vertretern der 12 Stämme zusammen. Das wird zum Beispiel in Apostelgeschichte 26,7 deutlich, wo der Apostel Paulus vor Agrippa bezeugte, dass sein „zwölfstämmiges Volk, unablässig Nacht und Tag Gott dienend“, auf die Erfüllung der an die Väter ergangenen Verheißungen hoffte. Er sprach von „unserem zwölfstämmigen Volk“.
Jetzt wird auch klar, warum in der Weihnachtsgeschichte in Lukas 2 die Prophetin Hanna so vorgestellt wird, dass sie aus dem Stamm Aser war, also aus einem der 10 Stämme (siehe Lukas 2,36). Der Jakobusbrief wurde an die Juden geschickt, die zum Glauben an Christus, den Messias, gekommen waren, und Jakobus spricht sie als die „12 Stämme in der Zerstreuung (griech. diaspora)“ an, die im Ausland lebten. Auch unter ihnen waren die 12 Stämme vertreten.
Bis ins Jahr 70 n. Chr. war es im Normalfall möglich, dass man seine Abstammung über die Geschlechtsregister nachweisen konnte. Aber diese Geschlechtsregister verbrannten im Krieg von 70 n. Chr., als die Römer Jerusalem und den Tempel zerstörten. In der Folge wurde es schwierig, den Nachweis zu führen, aus welchem Stamm ein Israelit war. Leute aus dem Stamm Levi haben besonders darauf geachtet, das Wissen um die Abstammung in der Familie zu erhalten. Darum haben sich diese später, als Familiennamen eingeführt wurden, Levi, Lewin oder Lewinsky usw. genannt, oder auch Cohen / Kohen (hebr. für „Priester“), Kahn, Kahane etc. Bei Letzteren handelt es sich um Nachkommen aus der Linie des Hohenpriesters Aaron.
In den vergangenen 2000 Jahren erfolgte zwar eine Durchmischung, aber Gott kennt immer noch von jedem die Abstammungslinie. Offenbarung 7 und 14 spricht von den 144.000, die sich nach der Entrückung in Israel bekehren werden. Sie werden die Vorhut („Erstlinge“) der noch größeren Erweckung in der Drangsal sein, wenn ein Drittel der Bevölkerung Israels sich gemäß Sacharja 13,8 bekehren wird. Diese 144.000 werden Nachkommen aus allen 12 Stämmen sein.
Damit ist dieses Argument, die Prophetie könne sich bezüglich Israel überhaupt nicht erfüllen, völlig vom Tisch.