Römer 9,3 spricht von Israel „nach dem Fleisch“. In diesem Sinn sind Israeliten solche, die von Abraham, Isaak und Jakob abstammen. Die biologischen Nachkommen der Stammväter bilden Israel (dort macht Paulus allerdings auch eine Unterscheidung und sagt, dass die „Kinder des Fleisches“, also Israeliten „nach dem Fleisch“, der Abstammung nach, nicht „automatisch“ Kinder Gottes sind, sondern nur die „Kinder der Verheißung“. Das deutet bereits die Unterscheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen an).
Das „Israel Gottes“ in Galater 6,16 bezeichnet die bekehrten Israeliten. Also die, die auch innerlich eine Umkehr und Erneuerung erlebt haben. Diese Unterscheidung gibt es nicht nur im Neuen Testament, sondern auch schon im Alten Testament. Genau diese Unterscheidung wird auch in Römer 9,6-9 gemacht!
So sind zum Beispiel in der Geschichte Elias die 7000 Menschen das „Israel Gottes“, die ihre Kniee nicht vor den Götzen gebeugt haben. Sie bilden den Überrest und stehen im Gegensatz zu der großen Masse, die dem Götzendienst verfallen ist.
In Römer 2,28 schreibt Paulus:
“Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung; sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens im Geist, nicht im Buchstaben; dessen Lob nicht von Menschen, sondern von Gott ist.“
Diese Unterscheidung zwischen Israel „nach dem Fleisch“, d.h. der Abstammung nach, und dem gläubigen Überrest, dem „Israel Gottes“, muss man ständig machen.
Zu jeder Zeit gibt es einen Überrest. So spricht Römer 11,5 davon, dass es auch in der gegenwärtigen Zeit der Gnade (der Gemeinde) einen Überrest gibt:
„Also ist nun auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach Wahl der Gnade“.
Dieser Überrest besteht aus allen Israeliten bzw. Juden, die an den Messias Jesus glauben.
Gemäß dem in Epheser 2 und 3 ausführlich behandelten Geheimnis des Christus beschloss Gott von Ewigkeit her die Bildung der Gemeinde in der Gnadenzeit. Ihre Geburtsstunde war am Pfingsttag (Apostelgeschichte 2), und sie besteht aus dem Überrest aus Israel (dem „Israel Gottes“) und aus den gläubigen Nichtjuden (aus den „Nationen“). Sie sind nach Epheser 2,14-18 zu einem Leib zusammengefügt worden.
So befindet sich Israel heute in einer besonderen Situation, denn die Nation Israel als Volk Gottes ist während der Zeit der Gemeinde als Zeugnis beiseitegesetzt.
Paulus erwähnt in 1. Korinther 10,32 drei unterschiedliche Menschengruppen:
«Seid ohne Anstoß, sowohl Juden als Griechen als auch der Versammlung Gottes.»
Es ist wichtig, immer diese Unterscheidung zu machen:
- Die Gemeinde der Erlösten (die „Versammlung Gottes“), die aus wiedergeborenen Menschen jüdischer und nicht jüdischer Abstammung zusammengefügt ist.
- Die Juden der Abstammung nach, d.h. die Israeliten „nach dem Fleisch“, die den Messias nicht angenommen haben. Allerdings plant Gott für das jüdische Volk eine Fortsetzung in der Heilsgeschichte nach der Entrückung der Gemeinde.
- Die „Griechen“: damit sind unbekehrten Heidenvölker gemeint.
Diese drei Gruppen muss man beim Studium der Bibel immer gut unterscheiden, denn sie haben ganz unterschiedliche Aufgaben, Stellungen und Bedeutungen in der Heilsgeschichte.
Der Ölbaum in Römer 11 stellt Israel dar, und zwar Israel als Zeugnis Gottes hier auf der Erde. Bis zur Verwerfung des Messias hatte Israel diese besondere missionarische Bedeutung auf dieser Erde. Aber mit der Verwerfung des Messias ist etwas Neues gekommen. Die Ungläubigen aus Israel wurden ausgebrochen und dafür die Gläubigen aus den Nationen als fremde Zweige eines wilden Ölbaumes eingepfropft. Das ist die Situation des Zeugnisses heute.
Es ist die aus bekehrten Juden und bekehrten Heiden bestehende Gemeinde, die heute die Aufgabe hat, das Zeugnis Gottes auf der Erde weiterzuführen. Wenn aber der Moment kommt, in dem die „Vollzahl der Nationen“ (Römer 11,25) erfüllt sein wird, das heisst, wenn sich der letzte Mensch bekehrt hat und zur Gemeinde hinzugefügt wurde, dann wird die Entrückung stattfinden. Gott hat in seiner Souveränität diese „Vollzahl“ festgelegt. Danach wird der Überrest zum Glauben kommen; es beginnt mit den 144‘000 gemäß Offenbarung 7,4-8 und Offenbarung 14,1-5, danach wird nach Sacharja 13,8-9 ein Drittel der Bevölkerung Israels umkehren. Als vorher ausgeschnittene Zweige werden sie wieder neu in den Ölbaum eingepfropft und dann wieder die Funktion des Zeugnisses übernehmen, die Israel im Alten Testament hatte.
Nach Jeremia 31,31 wird der Neue Bund mit dem zukünftigen Überrest Israels von ganz anderer Art als der Alte Bund vom Sinai sein. Dieser beinhaltete die Bedingung, dass es im Fall von Israels Versagen zu einer Katastrophe führen würde. Tatsächlich kam Israel auf diese Weise unter den Fluch des Gesetzes. Im Gegensatz dazu wird Gott mit Israel in der Zukunft einen bleibenden Segensbund schließen. Als Folge davon erhalten die Gläubigen die vier Segnungen des Neuen Bundes, die in Jeremia 31,33-34 aufgeführt werden:
- Ein neues Herz und damit ein neues Leben – die Wiedergeburt.
- Eine neue Erkenntnis – sie werden erkennen, wer Gott ist.
- Eine neue Beziehung – sie werden wieder als sein Volk anerkannt sein.
- Sie erfahren völlige Sündenvergebung.
Das sind alles Dinge, die Gott bewirkt und schenkt. Nichts davon tut der Mensch, sondern er muss es lediglich annehmen. So wird Gott mit dem Überrest aus Israel am Anfang des 1000-jährigen Reiches diesen Neuen Bund schließen. Dieser ist wie der Alte Bund auch wieder ein Ehebund, d.h. dass sich der Messias mit dem Überrest aus Israel verheiraten wird, dem „Israel Gottes“ in der kommenden Zeit.
Die Grundlage für diesen Neuen Bund wurde gelegt, indem der Herr Jesus sein Blut als das Blut des Neuen Bundes gab. Aber man muss beachten, dass er nie gesagt hat, dass dieser Bund mit der Gemeinde geschlossen werde. Aber 2. Korinther 3,6 macht klar, dass die Gläubigen der Gemeinde von Gott zu „Dienern des Neuen Bundes“ befähigt worden sind. Durch die Verkündigung des Evangeliums werden die Segnungen des Bundes schon jetzt unter allen, die das Evangelium annehmen, verbreitet. Das heisst, dass die Gemeinde schon jetzt Nutznießer aller Segnungen des Neuen Bundes ist, aber dass dieser Bund offiziell erst mit Israel in der Zukunft geschlossen werden wird.
Dieser Neue Bund ist von Gott gesichert. Darum wird er der „ewige Bund“ genannt: Hebräer 13,20 und Hesekiel 37,25 bestätigen, dass dieser Bund nicht wieder abgelöst wird. Lessing, dieser verführerische Schriftsteller der Aufklärung, argumentierte, dass es nach dem Neuen Bund wieder etwas anderes geben würde. Das ist jedoch falsch. Der Neue Bund ist der ewige Bund, der für alle Ewigkeit Bedeutung hat und nie mehr abgelöst werden wird.