Es gibt eine sehr klare und vielleicht auch überraschende Antwort auf diese Frage. Wir schreiben das Jahr 609 v. Chr. Der Pharao Neko ging mit seiner Armee den heutigen Gazastreifen hoch nach Norden, dann über die Scharon Ebene nach Meggido, die große Ebene von Jesreel. Sein Ziel war, den Assyrern zu Hilfe zu kommen.
Folgendes war geschehen: Drei Jahre zuvor fiel Ninive, die Hauptstadt der Assyrer, die bis dahin das Weltreich Nr. 1 dargestellt hatten, nach einer zweijährigen Belagerung. Der Fall geschah, weil es eine Überschwemmung des die Stadt schützenden Tigris-Flusses gab. Diese Überschwemmung zerstörte die Stadtmauer. Dies hatte zur Folge, dass die Babylonier zusammen mit den Skythen und Medern Ninive erobern konnten. Das war alles in dem Buch Nahum Kapitel 1-3 ausführlich und detailliert prophezeit worden.
Nach diesem entscheidenden Schlag der Babylonier gegen die Assyrer ging es aber doch noch weiter mit einigen Kriegen. Zu dem Zeitpunkt versuchte also der Pharao Neko, das assyrische Reich mit ägyptischer Hilfe gegenüber Babylon zu stützen.
Aber Josia hätte aus dem Buch Nahum wissen können, dass es keine Hilfe mehr gab. Und zwar lesen wir in Nahum 3,18-19:
„Deine Hirten schlafen, König von Assyrien, deine Edlen liegen da; dein Volk ist auf den Bergen zerstreut, und niemand sammelt es. Keine Linderung für deine Wunde, dein Schlag ist tödlich! Alle, die die Nachricht von dir hören, klatschen über dich in die Hände; denn über wen ist nicht deine Bosheit beständig ergangen?”
Die Assyrer bildeten ein schreckliches Weltreich, das den gesamten Nahen Osten in Angst und Schrecken versetzt hatte. Sie haben Leute bei lebendigem Leib gehäutet; sie begingen furchtbare Gräuel. Dann heißt es weiter in Nahum 1,12:
„So spricht der HERR: Wenn sie auch unversehrt und noch so zahlreich sind, sie sollen doch weggemäht werden; und er wird dahin sein.“
So hätte also Josia der Armee von Ägypten nicht in den Weg treten sollen. Sie sollten ungehindert gehen. Aber es sollte zu ihrem eigenen Unglück führen. Die Ägypter unter dem Pharao Neko wurden von den Assyrern geschlagen.
Später gab es nochmals eine ganz entscheidende Schlacht zwischen Ägypten und Babylon: Das war die Schlacht Karchemis. Diese hat Jeremia sehr eindrücklich beschrieben, denn in Jeremia 46,1-2 heisst es:
„Das Wort des HERRN, das an Jeremia, den Propheten, erging über die Nationen. Über Ägypten. Über die Heeresmacht des Pharaos Neko, des Königs von Ägypten, die in Karchemis war, am Strom Euphrat, die Nebukadrezar, der König von Babel, im vierten Jahr Jojakims, des Sohnes Josias, des Königs von Juda, schlug.“
In den nachfolgenden Versen wird der weitere Verlauf beschrieben: Neko erlitt eine totale Niederlage, was den Babyloniern endgültig die Vormacht ermöglichte, auch über das Gebiet des heutigen Syrien, Libanon und Israel. Im weiteren wurde das babylonische Reich die Weltmacht Nr. 1. Gleich nach dem Tod des Königs Josia (609 v. Chr.), ging das das assyrische Weltreich endgültig unter. Die letzten Schlachten fanden im Jahr 608 statt. Die Babylonier traten an die Stelle Assyriens. Das wurde etwas später nochmals bestätigt durch diese gewaltige siegreiche Schlacht der Babylonier gegen Ägypten bei Karchemis im Jahr 605 (Jeremia 46).
Von der Zeit an, als Babylon die Assyrer endgültig besiegt hatten, rechnen sich nun die 70 Jahre, die in Jeremia 25,11 und 29,10 vorausgesagt waren für die Zeit der Vorherrschaft von Babel. Diese 70 Jahre dauerten von 608 v.Chr. bis ins Jahr 539 v. Chr., als die Perser und Meder im Herbst Babylon besiegten. Die prophetischen Jahre der Bibel dauern stets 360 Tage (vgl. Off 11,2: 1260 Tage = 42 Monate = 3 ½ Jahre). 70 x 360 Tage = 25‘200 Tage. Die Zeitspanne passt von 608 v. Chr. bis Herbst 539 v.Chr. hinein!
Der langen Rede kurzer Sinn: Josia hätte auf das prophetische Wort achten und erkennen müssen, dass es nicht seine Aufgabe war, Ägypten auf ihrem Weg ins Verderben aufzuhalten, und er hätte auch Jeremia fragen müssen. Aber wir lesen nichts davon, dass er in diesem Fall den Herrn befragt hätte. In seinem Übereifer stellte er sich der ägyptischen Großmacht in Megiddo entgegen; und obwohl er ein treuer Mann war, endete er da auf tragische Weise.