Zunächst müssen wir beachten, dass das Werk des Herrn Jesus am Kreuz nicht nur Versöhnung für uns Menschen bedeutet, sondern auch die umfassende Wiedergutmachung für die Rebellion der ganzen Menschheit gegenüber dem heiligen Gott. Die Bibel nennt das die Sühnung.
Was ist Versöhnung?
Das griechische Wort dafür ist „καταλλαγή“ ([katallagē]) und kann mit „Umwandlung“ übersetzt werden kann. Es stammt von einem Verb ab, nämlich „καταλλάσσω“ ([katallassō]), das die Bedeutung von „versöhnen“, aber auch „umwandeln“ hat. Dieses Wort benutzten die alten Griechen zum Beispiel, wenn sie Geld wechselten; da wurde Geld von einer Währung in eine andere „umgewandelt“. So haben die Wort für „versöhnen“ und „Versöhnung“ im Neuen Testament aufgrund der sprachlichen Herkunft die Bedeutung, dass aus Feinden durch Umwandlung Freunde werden. Darum wird z.B. in Kolosser 1 im Zusammenhang mit der Versöhnung über unsere frühere Feindschaft gegen Gott gesprochen.
Mit der Versöhnung hat sich alles verändert; aus Feinden Gottes wurden Freunde. Das ist etwas Großartiges. Abraham, der Vater der Gläubigen, bekommt von Gott einen außergewöhnlichen Titel: Dreimal wird er in der Bibel der „Freund Gottes“ genannt (Jes 41,8; 2. Chr 20,7; Jak 2,23). Auch wir dürfen jetzt Freunde Gottes sein, wenn wir versöhnt sind. Das geht also viel weiter, als „nur“ die Feindschaft wegzunehmen.
Die Versöhnung kommt den Menschen zugute, die sich versöhnen lassen, und zwar durch Umkehr, Buße und Bekehrung. Sie sind nun mit Gott versöhnt, von aller Schuld befreit und von ihm als Kinder angenommen. Versöhnte Menschen leben in einer Beziehung mit ihrem Erlöser.
Die Sühnung – die Genugtuung und Wiedergutmachung für den heiligen Gott
Sühnung klingt im Deutschen dem Wort Versöhnung sehr ähnlich, ist aber etwas grundlegend anderes. Auf welcher Grundlage kann Gott uns unsere Schuld vergeben und uns mit sich versöhnen? Weil der Herr Jesus Stellvertreter wurde und Sühnung bewirkt hat.
Das hebräische Wort für „Sühnung“, z.B. in 3. Mose 16,8, kommt von der Wurzel „כָּפַר“ ([kâphar]), die „bedecken, zudecken“ bedeutet. Dem liegt dieser Gedanke zugrunde: Der Sünder, der den gerechten Zorn Gottes verdient hat, wird vor dem Zorn Gottes durch einen Anderen geschützt und gedeckt, so dass der Zorn Gottes diesen anderen trifft. Ein andere tritt an seine Stelle. Das ist der Aspekt der Stellvertretung. Der „große Tag der Sühnung“, der im Alten Testament im 3. Mose 16 beschrieben wird, zeigt auf großartige bildhafte Weise die beiden Aspekte des Erlösungswerks, die Sühnung und die Stellvertretung.
Das Bild der Arche und das Gericht der Sintflut
In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass die Arche Noah ein Bild vom dem darstellt, was der Herr Jesus für uns geworden ist. Nach ihrem Bau aus Holz wurde die Arche mit Harz abgedichtet. Das hebräische Wort für Harz ist „כֹּפֶר“ ([kôpher]) und geht auf dieselbe oben erwähnte Wurzel „kâphar“ (decken, bedecken, sühnen) zurück. Dasselbe hebräische Wort wird in Hiob 33,24 im Sinn von „Sühnung“ verwendet.
In dieser bildlichen Bedeutung ist der Herr Jesus unsere „Arche“, unsere Sühnung geworden. Wir mussten durch die Tür dieser „Arche“ eingehen, um errettet zu werden. Damals musste die Arche das Gericht der Sintflut ertragen. Sie wurde vom Sturm und der massenhaften Regenflut getroffen; dabei schützte sie alle, die in ihrem Inneren waren. Die Insassen blieben trocken und gingen nicht in der Flut unter.
Genauso traf der Zorn Gottes wegen unserer Sündhaftigkeit und Verdorbenheit den Herrn Jesus am Kreuz, damit jetzt alle, die an ihn glauben, in ihm geborgen und geschützt sind und frei ausgehen. Genau auf diese Weise ist der Herr Jesus die Sühnung für unsere Sünden geworden, wie 1. Johannes 2,2 sagt.
Stellvertretung
Das hebräische Wort für Sühnung hat also den Sinn von „zudecken“. Das entsprechende griechische Wort im Neuen Testament, z.B. in 1. Johannes 2,2, ist „ἱλασμός“ ([hilasmos]) und bedeutet so viel wie „Stillung des Zorns“. Es drückt somit den Gedanken aus, dass der Herr Jesus als unser Stellvertreter den gerechten Zorn Gottes, den wir verdient hatten, auf sich nahm und völlig erduldet hat. Mit dem vollendeten Werk des Herrn Jesus ist nun Gottes Zorn völlig gestillt. Das ist die Grundlage, auf der Gott uns vollkommen gnädig sein kann.